Foren für neue Designpraktiken. Wandel von Arbeits- und Produktionszusammenhängen
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes werden experimentelle Formen der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren eines Sektors der Kultur- und Kreativwirtschaft – dem Produktdesign – und anderen Wirtschaftsakteuren, insbesondere Herstellern und Nutzern, untersucht. Gefragt wird, ob diese Interaktionen als Neuerungen im Sinne sozialer Innovationen gelten können und durch welche materialen und ideationalen Aspekte sie sich beschreiben lassen. Hieran anschließend sollen deren Potentiale für Veränderungsprozesse in den Arbeits- und Herstellungssystemen von Gütern und Dienstleistungen ausgelotet werden.
Der Designsektor ist für die Gewinnung von Erkenntnissen über kulturelle Quellen von Neuheit in besonderer Weise geeignet. Zunächst verbreitet sich zunehmend die Ansicht, dass alles Wirtschaften immer auch mit Gestaltung verbunden ist, unabhängig davon ob von professionellen Designern oder Gestaltungsamateuren oder gar nicht intentional ausgeführt. Und Gestaltungsaspekten wird in einer Welt der fortschreitenden Ästhetisierung von Produkten, Dienstleistungen und Kommunikationssystemen immer mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit zuteil. In jüngster Zeit werden Designpraktiken zudem als Element des Innovationssystems modelliert, das einen besonderen Beitrag zur Generierung neuen Wissens als Grundlage der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung leisten könne. Designwissen und -methoden werden in diesem Zusammenhang als komplementäre Ressourcen zur wissenschaftlich-technischen Erforschung und Entwicklung von Neuerungen betrachtet. Als Beispiele werden die Bedeutungszunahme von Design getriebener und Nutzer zentrierter Innovation angeführt.
Diese Zusammenhangsvermutungen werden in dem Projekt auf ihre empirische Plausibilität überprüft. Als analytischer Rahmen werden arbeits- und raum-soziologische mit wissenstheoretischen Konzepten zusammengeführt. Methodisch wird ein vergleichender Fallstudien-Ansatz verfolgt, basierend auf Interviews, Dokumenten und Beobachtungssequenzen. Es werden jeweils vier Fälle von „neuen“ Formen der Zusammenarbeit jeweils in einer großen und einer kleineren „kreativen Stadt“ untersucht. Der Auswahl wird ein „most dissimilar case“-Verfahren zugrunde gelegt, da es sich um eine explorative, Hypothesen generierende Studie handelt. Für die zweite Projektphase ist eine Erweiterung um Fallstudien zu Interaktionen im Bereich Service-Design in Deutschland und Großbritannien geplant.
Die Identifizierung des Neuen läuft in einem ersten Schritt über Experimente/ Projekte/ Arrangements im Designsektor, die sich in einer breiteren Fachöffentlichkeit die Reputation der Neuheit erworben haben (indiziert etwa über Expertenratings, Preise oder mediale Sichtbarkeit). In einem zweiten Schritt geht es darum, das Auftauchen von Neuem empirisch „dingfest“ zu machen über dessen Beschreibung durch die Beteiligten. In einem dritten Schritt soll die Rekonstruktion der Zuschreibungs- und Aushandlungsprozesse von Neuheit erfolgen. Im vierten Schritt sollen die unterschiedlichen Relevanzen raumgebundener Kulturen als Quellen für Neuerungen identifiziert werden, die sowohl die Qualität von Potentialen als auch von Begrenzungen annehmen können. Raum wird hier als ein relationales Mehrebenen-Phänomen konzeptualisiert; es umfasst das „Forum“ als Ort der Designpraktiken, die Stadt, in der dieser situiert ist und die Domäne als den für den Designsektor relevanten Bezugsraum.