Ökonomik des Wandels
Was bringt Menschen dazu, heute anders zu handeln als gestern? So groß die Zahl spezifischer Gründe für Verhaltensänderungen auch sein mag, sie fallen in eine überschaubare Zahl von Kategorien. Die vier Grundformeln für mögliche Antworten lauten: 1) weil sie etwas Neues über die Wirkungsweise der Welt – den Zusammenhang zwischen ihrem Tun und den Konsequenzen – gelernt haben, 2) weil sich die Konsequenzen ihres Tuns selbst geändert haben, 3) weil sich ihre Ziele geändert haben und 4) weil ihre Erfahrung ihnen gebietet, Neues auszuprobieren.
Alle vier Kategorien finden Entsprechungen in ökonomischem Denken, das Verhaltensänderungen postuliert, wenn sich 1) Erwartungen ändern, 2) Anreize ändern, 3) Präferenzen ändern oder 4) Entscheider Lernregeln benutzen, um ihr Verhalten zu adaptieren.
Orthodoxe Ökonomik (die sogenannte Neoklassik) beschränkte sich eisern auf die Untersuchung des Zusammenspiels zweier Mechanismen, nämlich von Erwartungen und Anreizen, unter strengen Annahmen, die die Rationalität aller Entscheider betreffen. Die moderne Verhaltensökonomik lockert diese Rationalitätsannahmen und untersucht darüber hinaus die Anpassung von Präferenzen und die Rolle eingeschränkt rationaler Lernregeln. Die Arbeit der Abteilung Ökonomik des Wandels baut methodisch auf der Untersuchung aller vier Mechanismen des Wandels auf. Sie ist damit Teil der breiteren verhaltensökonomischen Bewegung, die das Gebiet der Volkswirtschaftslehre seit über dreißig Jahren reformiert.Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Abteilung interessieren sich vor allem für dynamische Prozesse. Wie passen sich Entscheider an neue Gegebenheiten an? Wie werden neue Gegebenheiten geschaffen? Die Identifikation allgemeiner (mikro-) ökonomischer Mechanismen des Wandels wird dabei mit einer breiten Palette gesellschaftlich relevanter Anwendungen gekoppelt: von der Förderung prosozialen Verhaltens, über die Gestaltung von Arbeitsplätzen, bis hin zu politischen Entscheidungsprozessen.