Horizontale Auseinandersetzungen
Theorie des sozialen Kontakts in Nigeria
Ein bildungsbasiertes Feldexperiment - der Kurs Urban Youth Vocational Training (UYVT) - wurde durchgeführt, um zu testen, ob anhaltender Kontakt zwischen Mitgliedern von Gruppen, die sich in einem Konflikt befinden, Vorurteile und Diskriminierung abbauen, die Zusammenarbeit verbessern und die Unterstützung von Gewalt einschränken kann. Das UYVT-Programm fand im Herbst 2014 in Kaduna im Norden Nigerias statt. Kaduna war in den letzten zehn Jahren Schauplatz tödlicher christlich-muslimischer Zusammenstöße und wurde in jüngster Zeit von mehreren brutalen Boko-Haram-Angriffen heimgesucht.
Die Probanden wurden nach dem Zufallsprinzip aus den konfliktträchtigsten Vierteln der Stadt ausgewählt. Die Teilnahme am UYVT-Programm wurde ebenfalls einer Zufallsstichprobe von 450 Befragten angeboten, und die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip religiös heterogenen oder homogenen Klassenzimmern und Lernpaaren zugewiesen. Es wurden keine signifikanten Veränderungen bei den Vorurteilen gegenüber anderer Gruppen gefunden, aber eine signifikante und nachhaltige Verringerung der diskriminierenden Verhaltensweisen bei den Teilnehmern, die den sozialen Kontaktbehandlungen zugewiesen wurden. Nach ihrem Wissen ist dies das erste Mal, dass die Theorie des sozialen Kontakts mit Hilfe einer empirisch rigorosen Feldmethodik in einem anhaltenden Konfliktumfeld getestet wurde, obwohl Projekte die sich mit dem Kontakt und Engagement zwischen Gruppen befassen, zu den beliebtesten politischen Instrumenten der internationalen Gemeinschaft bei der Bewältigung interethnischer Konflikte gehören.
WissenschaftlerInnen: Alexandra Scacco (WZB), Shana Warren (IPA)
Finanzierung: United States Institute of Peace (USIP) Grants Competition, NYU University Research Challenge Fund (URCF)
Status: Die Kernfeldaktivitäten wurden 2014 und 2015 abgeschlossen. Die erste Arbeit wurde in der American Political Science Review veröffentlicht. Die zweite Arbeit, welche sich auf Folgedaten stützt, wird geprüft.
Sudan im Umbruch: Eine Panel-Umfrage zu individuellen Erfahrungen mit der Teilung
Im Sudan und im Südsudan wurden eine Panelbefragung von etwa 1 400 Personen und zusätzlichen qualitativen Interviews zum Zeitpunkt der Teilung des Landes durchgeführt. Etwa 80 % der Kontakte konnten trotz erheblicher teilungsbedingter Umsiedlungen von Minderheiten in Randgebieten erfolgreich nachverfolgt werden. Die erste von mehreren Arbeiten, die aus diesem Projekt hervorgegangen ist, befasst sich mit den Auswirkungen der Gewalt auf die öffentliche Meinung. Einige der befragten Nordsudanesen waren von den Unruhen in Khartum im Jahr 2005 betroffen, andere dagegen nicht. Die Forscher fanden heraus, dass diejenigen, die der Gewalt ausgesetzt waren, eher bereit sind, Zugeständnisse als Reaktion auf separatistische Forderungen zu machen, in der Erwartung, dass dies ihre persönliche Sicherheit verbessert.
Ein zweiter Beitrag analysiert die Migrationsentscheidungen von Südsudanesen und kommt zu dem Schluss, dass Haushalte der "Mittelschicht" besonders häufig versuchen, im relativ besser entwickelten Nordsudan zu bleiben. Im Vergleich zu anderen Haushalten sind diese besonders auf den Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten angewiesen, welche der Südsudan nicht in ausreichendem Maße bietet. Sie versuchen, im Sudan zu bleiben, auch wenn die Gefahr besteht, von der Regierung in Khartum oder von gewöhnlichen Nicht-Südsudanesen angefeindet zu werden. Dies hat auch Auswirkungen auf den Südsudan und ähnlich aufgestellte Länder, da diese weniger in der Lage sind, die Art von lebendiger "Mittelschicht" aufzubauen, die im Allgemeinen mit besseren Entwicklungsergebnissen verbunden ist.
Ein dritter Beitrag untersucht teilungsbedingte Veränderungen in der Selbstidentifikation, insbesondere bei den im Nordsudan verbliebenen Minderheiten, und stellt fest, dass die von den Befragten angegebenen Identitätsattribute überraschend stark auf wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Druck reagieren. Dies wirkt sich sowohl auf die Aktivierung und Einstufung bereits vorhandener Identitätskomponenten (z. B. ob die Befragten ihre Stammes- oder nationale Identität in den Vordergrund stellen) als auch auf die Annahme völlig neuer Merkmale (z. B. Christen, die sich selbst als Muslime darstellen) aus. Es zeigt sich, dass einige Identitätsmerkmale (z. B. die Sprache) formbarer sind als andere (z. B. die Religion). Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Menschen versuchen, sich anzupassen, wenn es für ihr Streben nach Sicherheit und Wohlbefinden notwendig ist
WissenschaftlerInnen: Bernd Beber (WZB/RWI), Alexandra Scacco (WZB), Philip Roessler (William & Mary)
Finanzierung: UNHCR-Unterstützung für die Forschung im Sudan und Südsudan, zusätzliche Finanzierung durch die British Academy
Status: Die Feldforschung von 2010 bis 2012 ist abgeschlossen. Die erste Arbeit wurde im Journal of Politics veröffentlich. Weitere Arbeiten sind abgeschlossen.
Das schöne Spiel? Intergruppenkontakt und Integration von Flüchtlingen und Einheimischen im Libanon
Im Libanon wurde ein Feldversuch durchgeführt, bei dem Hunderte von syrischen Flüchtlingen und libanesischen Jugendlichen mehrere Monate lang Fußballtraining und Ligaspiele absolvierten, um die Auswirkungen eines solchen sozialen Kontakts auf Vorurteile zwischen den Gruppen zu untersuchen. Die Zusammensetzung der Teams und die Frage, ob sich die Zusatzprogramme auf Versöhnung oder Gesundheitsthemen konzentrieren, sind unterschiedlich. Zusätzlich zu den Daten der Basiserhebung und der Abschlusserhebung werden auch qualitative Informationen gesammelt, um mögliche Kausalmechanismen sorgfältig zu verfolgen. Während die Literatur zur Kontakttheorie sehr umfangreich ist, gibt es nur sehr wenige systematische empirische Studien, die sich mit dem Kontakt zwischen Migranten oder Flüchtlingen und Mitgliedern der Aufnahmegemeinschaften befassen, und noch weniger können die Auswirkungen des sozialen Kontakts von verschiedenen Programmtypen trennen. Die vorliegende Studie ist in dieser Hinsicht bahnbrechend. Eine Pilotintervention und eine Datenerhebung waren bereits angelaufen, wurden aber wegen des Coronavirus pausiert.
WissenschaftlerInnen: Salma Mousa (Stanford University), Alexandra Scacco (WZB)
Finanzeriung: IPA Peace and Recovery Full Study Grant, Society Needs Science Grant
Status: Pilotintervention in Arbeit (derzeit pausiert)