Zusammen geht es besser

„Zusammen stark“ – unter diesem Motto trafen sich am vergangenen Freitag voller Elan Vertreter*innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, der Wissenschaft und der Politik am WZB. Eingeladen hatte das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung zu einer Premiere: einem zivilgesellschaftlichen Forum, das mit einem Worldcafé begann und am Nachmittag in eine öffentliche Podiumsdiskussion mündete.

Es ging bei dieser Premiere am WZB ums Vernetzen und darum, die eigenen Positionen auszutauschen, denn auch wenn Initiativen und Vereine auf beeindruckende Weise gezeigt haben, wie schnell und effektiv sie in Krisenzeiten neue Formen der Zusammenarbeit entwickeln können, sind viele trotz ihres enormen Beitrags noch nicht ausreichend in formalisiertere Netzwerke eingebunden.

Beim Worldcafé standen grundlegende Fragen im Vordergrund: Was ist gute Kooperation? Welche bürokratischen Hindernisse gibt es seitens der Verwaltungen? Wie muss die zukünftige Förderpolitik aussehen? Gibt es häufig Spannungen zwischen kleineren Vereinen/Initiativen und größeren professionalisierten Organisationen? Die einzelnen Diskussionstische wurden von vier Wissenschaftler*innen aus dem Zentrum moderiert: Christin Jänicke, Jonas Gunzelmann, Teresa Völker und Naomi Alcaide 

Die Forschenden stellen auch ihr eigenes Verbundprojekt „Die aktivierte Zivilgesellschaft“ vor. Sie haben intensiv erforscht, wie der Anstieg des Engagements während des langen Sommers der Migration um 2015/16 lokale Netzwerke stärken kann. Die Erkenntnisse, die Clara van den Berg präsentierte, unterstreichen u.a. signifikante Unterschiede zwischen informellen Initiativen und etablierten Organisationen, sowohl in Bezug auf Netzwerke als auch finanzielle Ressourcen.

Bei der Diskussion mit dem Leiter des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung, Swen Hutter, und Clara van den Berg waren diese Gäste eingeladen: Diana Henniges vom Verein Moabit hilft e.V. vertrat die Perspektive einer Graswurzelbewegung, Katharina Pewny von RuT – Rad und Tat – Offene Initiative Lesbischer Frauen e.V. einen lang etablierten, wenn auch immer noch prekär abgesicherten Verein. Susanne Rindt von der Arbeiterwohlfahrt brachte die Sicht eines großen Players ein, Referatsleiter Friedemann Walther stand für die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, und die Bündnisgrüne Susanna Kahlefeld ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.

Nach ersten Einblicken in die jeweilige Arbeit wurden schnell die Knackpunkte spürbar. So wurde die Rede von der „Augenhöhe“ schnell als idealistisch und unzutreffend entlarvt. Einprägsam schilderte Diana Henniges die Mühen der Ebene – unbürokratische Finanzierung durch kleine Unternehmen und Einzelpersonen sei flexibler und effizienter als ausführliche Anträge. Auch Katharina Pewny beklagte die fehlende Planbarkeit. Politik und Verwaltung müssten noch viel besser zuhören, wo die tatsächlichen Bedarfe der kleineren Organisationen und Initiativen liegen. „Engagement ist immer politisch“, brachte Susanna Kahlefeld die Herausforderung auf den Punkt. Letztlich gehe es bei der Steuerung von Engagement immer um Machtverhältnisse – und um das Abgeben von Kontrolle.

Folgende Thesen standen am Ende des Tages auf der Agenda: Kooperationen brauchen:

  • einen nicht immer harmonischen, aber gleichberechtigten Dialog zwischen kleineren Vereinen und informelleren Initiativen und großen professionalisierteren Organisationen (Verbänden/NGOs)
  • weniger Abhängigkeiten und mehr Autonomie für kleinere Vereine und informellere Initiativen
  • langfristige, strukturelle Förderungen
  • die Anerkennung von Vielfalt in Perspektiven, Ressourcen und Machtverhältnissen
  • eine intensivere Beziehungsarbeit

 

20.02.24/Gak/kes