Wie frei kann ich meinen Lebensweg wählen?
1. Workshop denk!mal Freiheit in Berlin-Neukölln
Wenn man auf der Schwelle steht, den mittleren Schulabschluss gemeistert, das (Fach-)Abitur als nächsten großen Schritt vor sich, eröffnet sich eine greifbare, große Freiheit: die Freiheit, seinen Beruf zu wählen, die Freiheit, sein Leben zu gestalten.
Genau um diese Freiheit ging es auch im April auf dem Campus Rütli in Berlin-Neukölln. Hier wurde das erste Klassenzimmer in unserem Projekt denk!mal Freiheit zum Freiheitslabor. Gemeinsam mit WZB-Bildungsforscherin Melinda Erdmann und den Künstler*innen Zoltan Kunckel und Julia Kapelle vom Mobilen Sprachlabor Trickmisch erarbeiteten Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse ihre Bilder der Freiheit. Malt Euch in Eurem Traumberuf, lautete die Aufgabe an die Jugendlichen. Gar nicht so einfach, stellten viele im gemeinsamen Gespräch fest. Auch wenn die meisten später einmal studieren wollen, drängt sich doch die Frage auf: Was erhoffe ich mir davon? Was traue ich mir zu? Und wer oder was hat Einfluss auf meine Wünsche? Eine Schülerin erklärt: Auch Religion kann bestimmen, welche Wege du gehst.
Welche Traumberufe sich die Jugendlichen vorstellen, ist also nicht sofort offensichtlich. Melinda Erdmann erzählt, dass die Wünsche für das zukünftige Ich nicht immer leicht zu benennen sind. Sie verstecken sich in Erzählungen und kommen meist erst nach vielen Nachfragen zum Vorschein. Das zeige, dass der Berufswunsch immer auch von außen geprägt werde. Welche Wünsche für ihre Zukunft junge Menschen als realisierbar ansehen und welche nicht, das wird ihnen ebenfalls durch Familie, Schule, Religion oder Nachbarschaft vermittelt. Grenzen des Möglichen werden zum Beispiel dann gesetzte, wenn nur darüber gesprochen wird, was junge Menschen alles nicht können, wo sie Probleme haben. „Diese Grenzen könnten verschoben werden, wenn man Jugendlichen mehr zutrauen würde, sie noch proaktiver ermutigen würde, ihren Weg zu gehen“, sagt Melinda Erdmann. In ihrer Forschung hat sie herausgefunden, dass gerade Schülerinnen und Schüler ohne akademischen Hintergrund von einer solchen intensiven Beratung besonders profitieren.
Um sich in ihre Zukunft hineinzudenken, haben die Jugendlichen mit den Trickmisch-Künstler*innen Schattenrisse von sich angefertigt und in ein Online-Trickfilm-Tool eingespeist. Sich selbst in einem eigenen Film zu visualisieren hilft, die eigenen Freiheitsbilder zu reflektieren, sich ihrer zu vergewissern – und sie vielleicht sogar zu verändern. Davon erzählen die Trickfilme, in denen die Schülerinnen und Schüler animiert haben, was sie später einmal machen wollen. Nicht immer sind klare Berufe zu sehen, sondern Aktivitäten: Reisen, verschiedene Menschen treffen, berichten, fotografieren, schreiben, Konflikte schlichten, andere schützen, aber auch: Zeit haben, mit Freund*innen Abenteuer zu erleben.