A.SK Preisträgerin 2015: Esther Duflo
Die Ökonomin Esther Duflo ist die Preisträgerin des A.SK Social Science Award 2015, eines der bestdotierten internationalen Preise in den Sozialwissenschaften. Die französisch-amerikanische Professorin am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und am Abdul Latif Jameel Poverty Action Lab (J-PAL) in Cambridge (USA) hat die Entwicklungsökonomie revolutioniert, indem sie mit experimentellen Methoden Maßnahmen zur Armutsbekämpfung auf ihre Wirksamkeit überprüft. Duflo stellt auf empirischer Grundlage überkommene Meinungen der Entwicklungshilfe in Frage und trägt damit zu einem effizienteren Einsatz von Mitteln bei.
Die international besetzte Jury des A.SK-Preises hebt in der Preisbegründung Esther Duflos Verdienste um neue, erfolgversprechende Methoden in der Entwicklungsökonomie hervor: „Ihre Forschung hilft uns, Armut in ihrem größeren Kontext zu verstehen und die grundlegenden Fragen zu beantworten: Wie leben arme Menschen? Welche Umstände tragen zur Verfestigung ihrer Armut bei? Welche Politik kann Armut überwinden helfen?” Anhand von Experimenten mit Kontrollgruppen teste Duflo, welche Interventionen die Lebensumstände der Menschen nachweislich verbessern. Ihre eigenen Arbeiten und die ihrer Kolleginnen und Kollegen am von ihr mitgegründeten J-PAL zeigten die zentrale Bedeutung von Informationen für Politik und Armutsbekämpfung weltweit.
In ihrem mit Abhijit V. Banerjee verfassten Buch Poor Economics (2011, deutsch 2012) stellt Duflo die konkreten Lebensumstände der Armen dar und berichtet über die von ihr weiterentwickelte Methode der randomisierten kontrollierten Studien, wie sie in der Medizin schon lange verbreitet sind. Damit konnten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel zeigen, dass Mikrokredite trotz einiger positiver Effekte kein geeignetes Instrument zur Armutsbekämpfung sind, oder dass die Versorgung einkommensschwacher Haushalte mit raucharmen Kochherden doch keine so einfache Lösung war wie angenommen. Auch wies sie die Wirkung von Anreizen nach. So bekamen Mütter in Dörfern des Gebiets Udaipur in Indien für jedes geimpfte Kind ein Kilo Linsen geschenkt, mit dem Ergebnis, dass fast 40 Prozent mehr Kinder gegen Krankheiten immunisiert wurden – sechsmal so viele wie in den Vergleichsdörfern. Nach der Impfung ihrer Kinder erhielten die Mütter außerdem einen Satz Teller.
Esther Duflo ist Abdul Latif Jameel Professor für Armutsbekämpfung und Entwicklung am MIT und Direktorin von J-PAL, einem Netzwerk aus mehr als 100 Professorinnen und Professoren, die mithilfe randomisierter Verfahren Antworten auf die zentralen politischen Fragen zur Armutsbekämpfung suchen. J-PAL hat heute Büros in Afrika, Europa, Lateinamerika und der Karibik, Nordamerika sowie Süd- und Südostasien.
Der mit 100.000 Euro dotierte A.SK-Preis wurde vom chinesischen Unternehmerpaar Shu Kai und Angela Chan gestiftet. Er wird seit 2007 alle zwei Jahre vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) vergeben. Ausgezeichnet werden Forscher und Forscherinnen aus den Sozialwissenschaften, die einen wichtigen Beitrag zu politischen und wirtschaftlichen Reformen geleistet haben. Die bisherigen Preisträger sind Sir Anthony Atkinson, Martha Nussbaum, Transparency International und Paul Collier. Der Preis wird am 10. Oktober 2015 am WZB überreicht. Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, hielt die Laudatio.