A.SK Preisträger 2007: Anthony Atkinson
Der englische Volkswirt Anthony B. Atkinson (1944-2017) lehrte Finanzwissenschaft am Nuffield College in Oxford, dessen Rektor er von 1994 bis 2005 war. Er forschte zu Fragen der Verteilungspolitik, der Sozialpolitik und der öffentlichen Finanzen. Seine Arbeiten haben auch für die Politik der europäischen Integration praktische und perspektivische Bedeutung.
Anthony Atkinson gehört zu den wenigen Ökonomen, die nach der Verteilung von Einkommen und Vermögen innerhalb einer Gesellschaft fragen. Bezugspunkt seiner Forschungen ist der Einzelne und seine Wohlfahrt – nicht, wie oft in der Volkswirtschaftslehre, die „funktionelle“ Verteilung auf die Produktionsfaktoren und das Wachstum.
Von ihm stammt das so genannte Atkinson-Maß sozialer Ungleichheit. Damit konnten erstmals Veränderungen im unteren Einkommensbereich gemessen und betont werden. Mit diesem Maß werden diese Veränderungen stärker gewichtet als solche bei den Gut- und Besserverdienern, aber auch als die bei den Durchschnittsverdienern. Die Wohlfahrt der Ärmsten rückt stärker ins Blickfeld.
Zur Absicherung der Menschen gegen Armut schlägt Atkinson ein participation income vor. Es unterscheidet sich von dem viel diskutierten „Grundeinkommen“, dem basic income, weil es nicht bedingungslos gewährt, sondern an sozial nützliche Leistungen geknüpft wird.
Atkinson hat sich für die stärkere Einbeziehung der nationalen Sozialpolitik in den Prozess der Europäischen Integration eingesetzt, sei es durch eine bessere soziale Berichterstattung oder durch europäische sozialpolitische Programme. Er war beteiligt an der Durchsetzung, dem Aufbau und der Etablierung entsprechender empirischer Datenbasen. Die 2001 vom Europäischen Rat beschlossenen Indikatoren für soziale Inklusion („Laeken Indicators“) gründen auf Vorarbeiten Atkinsons. Mit Hilfe dieser Indikatoren können beispielsweise die Fortschritte bei der Bekämpfung sozialer Ungleichheit gemessen werden.
Anthony Atkinson gilt als ein Verfechter des Wohlfahrtsstaats in Westeuropa und auch in den Transformationsländern des Ostens. Er engagierte sich immer wieder für Mindestsicherungen, ob bei der öffentlichen Rentenversicherung oder beim Mindestlohn. In der privatisierenden Reform der Rentenversicherung seit der Thatcher-Zeit sah er die Gefahr zunehmender Armut. Er war Ende der 1990er Jahre Mitglied der unter Tony Blair eingesetzten Kommission zur Einführung eines Mindestlohns in Großbritannien.