Noten und Ungleichheit

Lehrer trauen sozial schwachen Schülern weniger zu

Bei gleicher Leistung und gleichen Kompetenzen erhalten sozial weniger privilegierte Kinder schlechtere Noten als ihre Mitschüler aus sozial höheren Schichten. Doch wie kommt es zu dieser ungleichen Beurteilung? Eine neue Studie der WZB-Forscher Marcel Helbig und Tatiana Morar zeigt, dass Lehrer diesen Schülern weniger zutrauen.

Sie schätzen sie als weniger begabt ein, aber auch als weniger fleißig und gewissenhaft. Die Annahme, dass diese Kinder von ihren Eltern weniger Unterstützung erfahren, fließt ebenfalls in die Bewertung ein. Das führt vor allem in Bundesländern, wo Noten über die Gymnasialempfehlung entscheiden, zu einer sozial ungleichen Einschätzung von Schülern am Ende der Grundschule, die Auswirkungen auf die weitere Bildungskarriere hat.

Für ihre Studie werteten die Bildungsforscher Daten zu Viertklässlern in den Bundesländern Bayern und Hessen aus. Der soziale Status der Schüler wurde unter anderem über den Bildungsstand und den Beruf der Eltern erfasst.

Die Studie bestätigt bisherige Untersuchungen, die zeigen, dass Schüler sozial ungleich bewertet werden. Darüber hinaus belegt sie, dass auch Merkmale wie Begabung und Anstrengung von den Lehrkräften sozial ungleich wahrgenommen werden und ein Grund für ungleiche Benotung sind. Die Studie gibt damit einen Hinweis darauf, dass der geringere Schulerfolg von Kindern unterer Schichten auch eine Geschichte von Potenzialen ist, die von Lehrern nicht erkannt werden.

Die Studie ist als WZB Discussion Paper erschienen:

Marcel Helbig und Tatiana Morar: Warum Lehrkräfte sozial ungleich bewerten, Discussion Paper P 2017–005, Oktober 2017, 39 Seiten (PDF).

Foto: Tim Reckmann, pixelio.de