Justizia im Sonnenlicht
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Zugang zum Recht in Berlin

Zugang zum Recht und zur Justiz (Access to Justice) ist eine zentrale rechtsstaatliche und menschenrechtliche Gewährleistung, zu der es aber momentan kaum valide empirische Forschung in Deutschland gibt. Im Projekt „Zugang zum Recht“ untersucht ein WZB-Forschungsteam um Michael Wrase auf empirischer Grundlage den Zugang für Bürger*innen zu Recht und Justiz in Berlin. Auf Basis der Studienergebnisse sollen konkrete Handlungsempfehlungen für einen effektiven und gleichberechtigten Rechtszugang im Land Berlin erstellt werden. Jetzt ist der Zwischenbericht als Discussion Paper erschienen. Die unabhängige Studie wird seit Dezember 2020 von der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung gefördert.

Als erste Bestandsaufnahme wurde eine explorative Studie in den Rechtsgebieten des Wohnraummiet- und Verbraucherrechts durchgeführt, da diese Rechtsbereiche für einen Großteil der Berliner*innen besonders alltäglich und praxisrelevant sind. Hierfür wurden im Zeitraum von April bis Juli 2021 insgesamt 41 Interviews mit Richter*innen und Rechtspfleger*innen von Berliner Amtsgerichten, Anwält*innen, Mitarbeiter*innen von Verbraucherverbänden, Mietervereinen, bezirklichen Beratungsstellen, Antidiskriminierungsberatungen, Selbstorganisationen von Migrant*innen und Personen im Bereich von Legal Tech geführt.

Aus den ersten Befragungen ergaben sich Hinweise darauf, dass sozio-ökonomisch Schwächere sowie migrantische Personen höhere Schwellen beim Rechtszugang zu überwinden haben als andere Personengruppen. Das System der Beratungs- und Prozesskostenhilfe scheint in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung ökonomische Barrieren nur bedingt ausgleichen zu können.

Legal Tech-Portale von Inkassounternehmen sorgen für eine verstärkte Rechtsmobilisierung in bestimmten Rechtsgebieten und Fallkonstellationen. Unklar bleibt jedoch, welche Personengruppen über Legal-Tech-Angebote im Einzelnen erreicht werden, und welche Auswirkungen die relativ neuen Angebote auf strukturelle Ungleichheiten beim Zugang zum Recht haben.

Das Thema der Diskriminierung im Umgang mit der Berliner Justiz wurde von den Befragten unterschiedlich wahrgenommen. Von Seiten der Verbände, die von rassistischer Diskriminierung betroffene Personen vertreten, wurde eine teilweise mangelnde Sensibilität der Justiz für derartige Diskriminierungen kritisiert. Befragte aus dem Justizsystem äußerten überwiegend die Überzeugung, dass Diskriminierung keine ausschlaggebende Rolle beim Zugang zum Recht oder im Rechtssystem spielt (und spielen darf); allerdings wurden einzelne diskriminierende Vorfälle geschildert. Die damit verbundenen Fragen konnten in der explorativen Phase der Studie nicht beantwortet werden, sie geben jedoch Anlass für weitere Forschung.

Die bisherige Forschung legt nahe, dass die Zugangsmöglichkeiten durch verschiedene rechtliche, institutionelle, materielle und soziale Barrieren ungleich verteilt sind. Die Studie stellt daher mögliche Benachteiligungen aufgrund des sozialen Status, der (zugeschriebenen) ethnischen Herkunft und/oder rassistischer Zuschreibungen in den Mittelpunkt.

Auf Grundlage der Bestandsaufnahme werden die Mechanismen und Ungleichheiten beim Zugang zum Recht in Berlin in der zweiten Phase des Projekts tiefergehend empirisch untersucht. Es erfolgt eine statistische Auswertung von Prozessdaten der Amtsgerichte mit Blick auf die Repräsentation migrantisch gelesener Personen, anwaltliche Vertretung und sozioökonomische Faktoren. Darüber hinaus sind weitere Expert*innen-Interviews und ethnographische Studien geplant.

8. 8.22 

Im Projekt „Zugang zum Recht“ untersucht ein WZB-Forschungsteam um Michael Wrase auf empirischer Grundlage den Zugang für Bürger*innen zu Recht und Justiz in Berlin.

 

Das Discussion Paper "Zugang zum Recht in Berlin: Zwischenbericht explorative Phase" können Sie hier als PDF abrufen.