WZB-Forscher warnen vor Mitspracherecht der Eltern bei der Schulwahl
Wenn Eltern bestimmen dürfen, welche weiterführende Schule ihr Grundschulkind besuchen soll, verschärft dies die soziale Ungleichheit der Bildungskarrieren. Das zeigen die Bildungsforscher Marcel Helbig und Cornelia Gresch vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) durch einen Vergleich schulrechtlicher Regelungen in verschiedenen Bundesländern. Ohnehin haben Kinder aus sozial höher gestellten Elternhäusern eine bis zu fünfmal höhere Chance, das Gymnasium zu besuchen, als Arbeiterkinder. Die sogenannte Freigabe des Elternwillens erhöht die Selektivität des Schulsystems noch.
Im aktuellen WZBrief Bildung zeigen die Autoren, dass in Bundesländern, in denen dem Elternwillen der Vorrang vor anderen Kriterien wie Grundschulempfehlung oder Noten gegeben wird, die Übergänge weniger leistungsgebunden, sondern stärker sozial bestimmt sind. Da Eltern aus sozial privilegierten Schichten für ihre Kinder häufiger das Abitur anstreben, haben diese von Hause aus einen Vorteil.
Für Marcel Helbig und Cornelia Gresch ist das Fazit eindeutig. „Spontan würden zwar auch wir mit Ja antworten, wenn wir gefragt würden, ob wir frei über die Schulwahl bestimmen wollen“, erklären die Forscher, die selbst Eltern kleiner Kinder sind. „Als Wissenschaftler kommen wir allerdings zu dem Schluss, dass uns diese Frage gar nicht gestellt werden sollte.“ Auch Prüfungen oder die Einschätzung durch Lehrer sehen die Autoren allerdings kritisch. „Ein sinnvolles Gegenmittel gegen die soziale Ungleichheit der Schulkarrieren ist die Aufgliederung nach Schulformen zu einem späteren Zeitpunkt.“ Längeres gemeinsames Lernen gebe Kindern aus sozial benachteiligten Familien die Möglichkeit, trotz ungünstiger Voraussetzungen im Wissens- und Leistungsstand aufzuholen und so die Voraussetzungen für einen Gymnasialbesuch zu erlangen.