Die aktivierte Zivilgesellschaft (aktivzivil)
Die Zivilgesellschaft erlebt immer wieder Momente der Aktivierung. Ein solcher Moment war das beispiellose Engagement für Geflüchtete im Sommer und Herbst 2015. Tausende Menschen engagierten sich damals spontan für Geflüchtete und gingen für mehr Solidarität auf die Straße. Engagierte gründeten sog. Willkommensinitiativen oder wurden in bestehenden Vereinen und Gruppen aktiv. Wie bei früheren Aktivierungen ebbte das Engagement im Folgejahr wieder ab, Engagierte zogen sich zurück und Vereine konzentrierten sich wieder auf ihre Kernarbeit. Gleichzeitig sind viele Menschen geblieben und haben sich trotz großer Schwierigkeiten weiter für Geflüchtete engagiert.
Welche Spuren hat das Engagement für Geflüchtete im Jahr 2015 in der Zivilgesellschaft hinterlassen? Dieser Frage geht das Projekt „AktivZivil“ nach. Ein Großteil der Zivilgesellschaftsforschung legt ihren Fokus auf die Anfänge von Aktivierungen. Weniger Forschung beschäftigt sich mit den nachhaltigen Folgen. Das Projekt „AktivZivil“ untersucht dahingehend, welche Netzwerkeffekte die zivilgesellschaftliche Aktivierung für Geflüchtete sechs Jahre später in der Zivilgesellschaft hinterlassen hat. Sind neue oder gefestigte Netzwerke zwischen den Initiativen, Sportvereinen, Kirchengemeinden, politischen Gruppen, Wohlfahrtsverbänden und anderen Organisationen entstanden? Wie interagieren die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen sechs Jahre nach der Aktivierung? Haben sich Netzwerke formalisiert oder sind sie eher informell geblieben? Wie hat sich das Engagement für Geflüchtete auf lokaler Ebene verändert? Um diese Fragen zu beantworten und nachhaltige Effekte auf Akteursnetzwerke systematisch zu erfassen, führen wir eine vergleichende Netzwerkstudie in vier deutschen Mittelstädten durch. Dabei setzen wir auf einen aufwendigen Methodenmix aus Dokumentenanalyse (online & offline) und Expert*inneninterviews.
Unsere Verbundpartner, das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM; Projektkoordinator) und das Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück (IMIS) erforschen im Projekt verwandte Fragestellungen.
Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie Teilhabe und Gemeinwohl gefördert.