Kreativität und Stadt. Rolle, Wirkung und Formen privat-öffentlicher Kooperationen in der Stadtentwicklung zur Beförderung von Kreativwirtschaft
Das Forschungsvorhaben beschäftigt sich aus einer stadtsoziologischen Perspektive mit zwei zentralen Fragestellungen: Zum einen wird die Relevanz lokaler Sinnkontexte und der städtischen Raumbedingung für die Entstehung und Entfaltung von Kreativität untersucht. Hierbei geht es um die Frage: Welche Rolle spielt die städtische Umwelt für kreative Prozesse, wie kann sie diese beeinflussen oder auch verhindern? Im Zentrum der empirisch qualitativ angelegten Untersuchung steht dann die Frage, wie Kreativität in Städten durch neue Governanceformen – also durch verschiedene Formen der Handlungskoordination zwischen öffentlichen und privaten Akteuren in Netzwerken, Round Tables, Partnerschaften etc. – in der Beförderung von Kreativwirtschaft stimuliert oder gar erzeugt werden kann?
Kreativität gilt als neue Schlüsselressource städtischer Entwicklung. Davon zeugen eine Vielzahl an Konzepten, wie creative cities, creative economy, creative industries und creative class, welche den gegenwärtigen Forschungsdiskurs über Stadtentwicklung neu strukturieren und weltweit von der Stadtpolitik bereitwillig aufgegriffen werden. Kreativität ist jedoch eine flüchtige Ressource, die an Individuen und Gruppen gebunden ist. Für Städte stellt sich daher die Frage, wie sie diese Ressource „managen“ können, d.h. Kreativität in ihre Strukturen „einlagern“ bzw. Strukturen entwickeln, in denen Kreativität sich entfalten kann. Die gegenwärtige Aufmerksamkeit für Kreativität speist sich vornehmlich aus der zunehmenden wirtschaftlichen Relevanz von symbolischen und wissensbasierten Ökonomien, wie sie etwa durch die verschiedenen Branchen der Kreativwirtschaft verkörpert werden. Diese Wirtschaftszweige werden von der Stadtpolitik als wesentlicher städtischer „Kreativitäts-Ressourcenpool“ identifiziert, der nicht nur Wirkung hinsichtlich der Entwicklung der Kreativwirtschaft entfaltet, sondern auch auf andere Wirtschaftsbereiche der Stadt ausstrahlen und Potenziale für die soziale, politische, planerische und kulturelle Entwicklung der Stadt mit sich trägt. Was leisten also Städte zur Gestaltung und Entfaltung des Phänomens Kreativität und Kreativwirtschaft? Welche Form der Koordination wählen sie, um ein kreatives Feld zu konstituieren und welche Infrastrukturen schaffen Städte zur Unterstützung der kreativwirtschaftlichen Branchen?
In einem Fallstudienansatz (embedded multi-case-study) wird die Beförderung von Kreativität durch neue Governanceformen in der Kreativwirtschaft in den Städten Berlin und London in einem offenen Vergleich untersucht. Differenztheoretisch sollen explizit Unterschiede in der Beförderung von Kreativwirtschaft und den dafür entstandenen Governancearrangements herausgearbeitet und darüber das singuläre, eigenlogische Element der jeweiligen Stadt im Umgang mit Kreativität und Kreativwirtschaft ergründet, aber auch Verallgemeinerungen für das Phänomen „Kreativität in Städten“ erforscht werden.