Hauptinhalt

Die Projektgruppe Mobilität untersucht die physische und räumliche Mobilität und die Wechselwirkung ihrer gesellschaftlichen, organisatorischen und verkehrspolitischen Ausprägungen. Im Vordergrund stehen insbesondere folgende Fragestellungen:

  • Die Zukunft des "Leitbildes der Automobilität": Innovative Nutzungsformen und Fahrzeuge im Zusammenhang neuer Anforderungen an organisationalen Wandel und Organisationslernen in der globalen Automobilwirtschaft.
  • Ursachen und Ausprägungen des Wandels von Organisationsformen, politischer Regulierung und nutzerseitiger Nachfrage im gegenwärtigen und künftigen Öffentlichen Verkehr, auch im internationalen Vergleich.
  • Soziologie des Verkehrs: systemische Kopplungen von Moderne und Mobilität, u.a. in Form von Nachfragewandel und unternehmerischer Reorganisation von Freizeitverkehr in globaler Perspektive.

Die Projektgruppe Mobilität besteht seit 1996 als eigenständiger Programmbereich innerhalb der Abteilung „Organisation und Technikgenese“ (OT) bzw. „Innovation und Organisation“ (INNO) des Schwerpunktes III. Sie wird geleitet von Weert Canzler und Andreas Knie. Während dieser Zeit sind eine Vielzahl von Projekten entwickelt worden, die das Thema Mobilität in den Sozialwissenschaften als neuen Forschungsbereich etabliert haben. Darüber hinaus konnten mit Praxispartnern wie der AUDI AG oder auch der Deutschen Bahn AG zweimal erfolgreich Unternehmen gegründet werden (choice GmbH sowie InnoZ GmbH). Zur Zeit läuft ein umfangreiches Forschungsvorhaben unter dem Titel „Demografische und wirtschaftsstrukturelle Auswirkungen auf die Mobilität der Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten. Konsequenzen für die Verkehrsträger und die Zukunft staatlicher Daseinsvorsorge (DEWIMOBIN)“, das zusammen mit dem Tochterunternehmen „Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel“ (InnoZ) bearbeit und vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird. Daneben werden mehrere kleine Vorhaben bearbeitet, die sich mit innovativen Mobilitätslösungen in verkehrsschwachen Räumen beschäftigen.

Inhalt und Ziele

Automobilität bedeutet wortwörtlich Selbstbeweglichkeit. Praktisch die gesamte klassische Moderne ließe sich unter dieses Motto stellen. Zwischen dem Verkehr, insbesondere dem motorisierten Individualverkehr, und den erweiterten Handlungsoptionen in modernen Gesellschaften besteht ein dialektisches Verhältnis. Die Vielfalt und Zersplitterung der Lebensstile und die gesellschaftliche Individualisierung bleiben nicht ohne Konsequenzen für die Organisation des Verkehrs. Schnelle und flexibel verfügbare Verkehrsmittel wie das Auto erweitern wiederum den individuellen Möglichkeitsraum und unterstützen ihrerseits die gesellschaftliche Differenzierung.

Dieses Wechselverhältnis von gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen ist der Ausgangspunkt für die Fragen und Hypothesen der Projektgruppe Mobilität. Das bedeutet auch, von liebgewonnenen Gewissheiten der umweltorientierten Verkehrsforschung Abschied zu nehmen: Weder ist das moderne Verkehrsverhalten in der Reisezeit und Wegehäufigkeit seit Jahrzehnten konstant, noch kann der klassische öffentliche Nah- und Fernverkehr die individuellen Verkehrsbedürfnisse optimal befriedigen. Vielmehr verliert das Auto trotz seiner enormen Verbreitung und trotz aller Stauerfahrungen nichts von seiner Attraktivität. Auf der anderen Seite ist ebenfalls offensichtlich, dass die negativen Folgen des weiterhin zunehmenden Autoverkehrs eingedämmt werden müssen. Dafür ist eine aktive Verkehrspolitik unerlässlich. Die "Verkehrswende", mit der die Dynamik der Verkehrsmittelwahl weg vom Auto und hin zum Umweltverbund umgekehrt werden sollte, findet jedoch nicht statt. Die aus der Logik des Verzichts abgeleiteten Appelle, auf Busse und Bahnen umzusteigen, verhallen weitgehend ungehört. Denn Verkehr in modernen Gesellschaften ist Ausdruck eines erweiterten individuellen Möglichkeitsraumes und selbst eine sich ausdifferenzierende soziale Praxis.