Wissenschaft und Religionskultur. Eine Untersuchung von Identitätskonstruktionen in der Stammzellenforschung in Deutschland und in den USA
Macht es einen Unterschied für den Forschungsprozess, wenn in einer Forschungsgruppe Wissenschaftler/innen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenarbeiten? Dieser Frage widmet sich das Projekt theoretisch und empirisch und arbeitet damit an zentralen Forschungsdesiderata der Wissenschaftssoziologie. Die Disziplin hat die Untersuchung „gesellschaftlicher Einbettung“ wissenschaftlicher Wissensproduktion zu ihrer Aufgabe gemacht. Dabei wurden aber bislang potenzielle kulturelle Unterschiede in der Wissensproduktion vernachlässigt und Fachgemeinschaften werden ungeprüft als weitgehend homogene Einheiten behandelt. Demgegenüber stellt dieses Projekt die individuellen Biographien der Wissenschaftler/innen und deren potenziellen Einflüsse auf den Forschungsprozess ins Zentrum.
Untersucht wird die Fragestellung am Beispiel der Stammzellenforschung, im Zentrum steht der Vergleich von je einer Laborfallstudie in Deutschland und in den USA. Die Stammzellenforschung eignet sich als Forschungsgebiet besonders gut, weil hier geradezu kontrastierende Hypothesen naheliegend sind: In diesem Spezialgebiet einer etablierten naturwissenschaftlichen Disziplin ist einerseits ein hohes Maß an Homogenität in der Praxis und Abgeschlossenheit gegenüber außerwissenschaftlichen Einflüssen zu erwarten. Andererseits zeigt die Wissenschaftsgeschichte vielfältig, wie traditionell die medizinische Forschung (religions-)kulturell geprägt ist. Heute ist die Stammzellenforschung begleitet von überaus kontroversen ethisch-moralischen Debatten, zu denen die Wissenschaftler/innen gefragt sind, eine individuelle Haltung zu entwickeln. Ob und inwiefern diese Haltung in der Zusammenarbeit im Forschungsteam zum Tragen kommt, ist Gegenstand der Untersuchung.